Fünf Aktionsfelder zur Reform der staatlich geförderten Altersvorsorge

Pressemitteilung vom 07. Juli 2022
CFA Society Germany Details

Fünf Aktionsfelder zur Reform der staatlich geförderten Altersvorsorge

Frankfurt am Main, 07. Juli 2022 – Die CFA Society Germany, ein Berufsverband für Investmentmanager und professionelle Investoren mit rund 3.000 Mitgliedern, hat heute Vorschläge zur Reform der staatlich geförderten Altersvorsorge in Deutschland vorgestellt.
 
Das vollständige Positionspapier steht kostenfrei zum Download bereit. Nachstehend werden die fünf wesentlichen Handlungsfelder zusammengefasst.


1.)    Inflation erreicht Altersvorsorge

Angesichts der Vermögenspreisinflation und des Rekordauftriebs bei den Verbraucherpreisen stellt sich aktuell die Frage: Wie sollen der Aufbau von Vermögen und eine solide Altersvorsorge für die Jüngeren unserer Gesellschaft überhaupt noch möglich sein? Eine Zusatzrente, sprich: die staatlich geförderte betriebliche und private Altersvorsorge, ist daher mehr denn je gefordert. Allerdings sind die existierenden Modelle der betrieblichen (bAV) und privaten Vorsorge (pAV) mehrheitlich an Zins- beziehungsweise Beitragsgarantien gebunden, unrentabel angelegt und der aktuellen Geldentwertung voll ausgesetzt.

2.)    Rentenniveau unterdurchschnittlich

Im internationalen Vergleich fällt Deutschland bei den Ansprüchen in der gesetzlichen Rentenversicherung zurück. Während die Altersrente im Verhältnis zum Durchschnittseinkommen der Versicherten während des Arbeitslebens in anderen europäischen Ländern (etwa Italien, Spanien, Frankreich, Österreich) oftmals bei über 70 Prozent liegt, erhalten deutsche Rentner im Schnitt kaum mehr als die Hälfte ihres Nettolohnes. Bereits heute sind jährliche Steuerzuschüsse in Höhe von über 100 Milliarden Euro erforderlich, um das gesetzliche Rentenniveau zumindest bei 48 Prozent zu stabilisieren (sogenannte „Haltelinie“). Es ist erwartbar, dass die demographische Entwicklung sogar eine weitere Absenkung bedingen wird.

3.)    Kreis der Beitragszahler

Neben einer deutlichen Steigerung der Rentenhöhe müssen Wege gefunden werden, um eine Öffnung und Ausweitung der geförderten Zusatzrente und eine Teilnahme möglichst vieler Bevölkerungskreise zu erreichen. Bislang verfügen in Deutschland nur etwa die Hälfte der Erwerbstätigen über eine Betriebs- oder Riester-Rente. Viele Personengruppen haben kaum oder gar keinen Zugang zur zweiten Säule der Altersversorgung (bAV). Dazu zählen etwa die vier Millionen Selbständigen in Deutschland.

4.)    Vorbilder Schweden und Kanada
Hohe Verwaltungs- und Vertriebskosten sowie komplizierte Produkte machen bestehende pAV- und bAV-Modelle für viele Bundesbürger unattraktiv. Auch wenn die Systeme anderer Länder nicht eins zu eins auf Deutschland übertragbar sind, lohnt sich der Blick ins Ausland. Für diejenigen Vorsorgenden, die eher Standardlösungen bevorzugen und sich nicht ständig mit ihrem Altersvorsorge-Investment beschäftigen wollen, könnte sich Deutschland am schwedischen ITP/Collectum-Modell orientieren. Der Verband schlägt in seinen Reformvorschlägen eine zentrale Plattform vor, die vom Bund betrieben werden sollte. Diese trifft bei Ausschreibungsverfahren eine Vorauswahl an Anbietern und sammelt die Beiträge ein. Dem Beitragszahler wird so sehr viel abgenommen. Investiert wird in rentable Anlagen (insbesondere Aktien).

Für diejenigen, die Wert auf mehr Selbststeuerung in der Geldanlage legen, taugt das Modell kanadischer Vorsorgekonten (Regulated Retirement Savings Plans) als Vorbild. Diese werden über individuelle Depots bei Direktbanken abgebildet und decken ein breites Spektrum zugelassener Assetklassen ab. Das vom Verband vorgeschlagene Pensionsmodell, bei dem in der Ansparphase grundsätzlich auf Garantien verzichtet wird, ist mit einem Bruchteil der Riester-Kosten darstellbar.

5.)    Moderne Arbeitswelt
In ihrem Positionspapier setzt sich die CFA Society Germany dafür ein, private und Betriebsrente integrierter zu denken: Ähnlich wie in Großbritannien könnte eine automatische Teilnahme erfolgen, sofern die Beschäftigten nicht aktiv widersprechen (sogenanntes Opting-out). Deutschland benötigt flexible, benutzerfreundliche und transparente Modelle, die modernen Arbeitswelten entsprechen: Bei Jobwechsel werden Policen einfach mitgenommen. Diese Reform wäre auch ein Beitrag zur Aktienkultur und zum Finanzplatz Deutschland.

Autor

CFA Society Germany